Erfahrungsberichte aus der Geburtsstätte

Nicolas Geburt; zu Hause im Wasser

Es war Freitag, ein Tag nach dem errechneten Geburtstermin und ich hatte noch so einiges erledigt, vorallem mühsamen beruflichen Papierkram und auch ein Bisschen Essen vorgekocht. Nach der Geburt wollte ich möglichst wenig belastet sein durch eine lange Erledigungs-Liste. Ich war bereit. Nicht nur der Erledigungen wegen, sondern auch meine Geburtsvorbereitung schien mir optimal zu sein: regelmässige Dammmassage seit einigen Wochen, tägliche „HypnoBirthing“-Tiefenentspannung , ein Duftlämpchen mit Geburtsduft- und Massageöl standen längst bereit, den Geburtspool hatten wir getestet und aufgepumpt stehen lassen, einen Termin bei der HypnoBirthing-Kursleiterin hatte ich wahrgenommen, alle meine Wünsche für die Geburtsbegleitung hatte ich meiner Hebamme mitgeteilt, eben Christine kennen gelernt, die Kollegin meiner Hebamme, die sie während dieses Wochenendes vertreten würde und zu guter letzt hatte ich auch meinen Mann für eine Hausgeburt überzeugt (oder doch nur überredet?). Alles beängstigende über jegliche möglichen Komplikationen, die ich im Studium lernen musste oder bei Spitalgeburten gesehen hatte, hatte ich schon lange während meiner ersten Schwangerschaft bewusst vergessen.

Es war bereits halb zwölf in der Nacht, als mein Mann und ich endlich im Bett lagen. Abgesehen von der ständigen Müdigkeite im Kopf, ging es mir mit der Schwangerschaft sehr gut und ich hätte es leicht noch eine Weile länger so ausgehalten. Die Ungewissheit jedoch, wie lange ich noch schwanger sein oder wann ich zum zweiten Mal ein kleines Baby haben würde – vielleicht in ein paar Stunden? Oder erst übernächste Woche? – beschäftigte mich ziemlich. Zum Spass fragte ich meinen Mann vor dem Einschlafen, ob er das Baby fragen wolle, wann es zu kommen gedenke, weil ich noch keine Antwort auf diese Frage erhalten hätte. Kaum hatte ich dies gesagt, spürte ich eine Art „Klack“ im Unterleibsbereich und darauf eine Feuchtigkeit. Schon beim „Klack“-Gefühl wusste ich: Das ist die Antwort! Juhui, dachte ich, jetzt weiss ich es! Es wird sehr bald da sein! Zuerst wollte ich aber noch etwas schlafen, bis die Wehen einsetzen würden. Mein Mann tat dies. Ich konnte nicht. Der Kleine war sehr lebendig und liess mich nicht einschlafen. Nach ungefähr eineinhalb Stunden begannen Kontraktionen, die ich von der Stärke her als Geburtswehen bezeichnen würde, dies etwa jede viertel Stunde. Nach wieder einer Stunde, um 2 Uhr wurde es häufiger. Es war wohl an der Zeit, meinen Mann zu wecken! Schliesslich musste er das Bassin bereit machen und auffüllen und die Hebamme informieren. Als erstes schien er jedoch seiner Mutter zu telefonieren, die dann, ohne dass ich viel davon mitbekam, unsere fast zweijährige Tochter holte und bis am Morgen zu sich nach Hause nahm. Der Geburtspool war nämlich in ihrem Schlafzimmer platziert. Zwei zimmerhohe Yukapalmen standen daneben, um ein wenig Naturstimmung zu machen.

Als die Hebamme kam, war ich noch im Bett und hatte nur gelegentlich das Klo besucht. Bei jeder „Welle“, wie die Wehen beim HypnoBirthing bezeichnet werden, machte ich die eingeübte langsame Atmung in den Bauch. Dazwischen entspannte ich den ganzen Körper, wie ich es geübt hatte. Ich bekam Lust, nun ins warme Wasser zu steigen. Meine Hebamme Aline untersuchte mich kurz auf dem Bett und meinte, falls ich nun ins Wasser wolle, fände sie es ein guter Zeitpunkt.

Im Geburtszimmer war alles bereit. Ich hatte gedämpftes Licht gewünscht, weil helles Licht den Neocortex stimuliert und so die natürliche Hormonfreisetzung für einen reibungslosen Geburtsablauf gestört werde. Das hatte ich gelesen. Es war wunderbar! Auf dem Fenstersims brannte eine Reihe Teelichter, keine Lampe, und es duftete nach meiner Geburtsölmischung. Im Hintergrund lief schon vorher die Entspannungs-CD die ich vorbereitet hatte: mit zwei Selbsthypnoseübungen und dazwischen Entspannungsmusik. Es war herrlich wohltuend, mich in das warme Wasser in diesem blauen, ovalen Bassin gleiten zu lassen. Im Wasser probierte ich gelegentlich eine andere Position aus und lockerte die Beine oder das Becken zwischen den Wehen. Am wohlsten war mir während den Wehen, wenn ich mich mit den Armen über den Rand des Pools hängte, die Knie und Füsse am Boden. Aline hatte bei mir während der ganzen Geburt lediglich etwa zwei oder drei Mal ganz unauffällig, ohne dass ich mich dazu irgendwie bewegen musste, den kleinen Stab des Herztonmessgerätchens unter Wasser an meinen Bauch gehalten. Sonst hielten sich die Beteiligten irgendwo ruhig im Zimmer auf. Nur Alines Stimme hörte ich vorzu, wie sie mich bestätigend unterstütze, indem sie sagte: „Du machst das genau richtig,…“. Mein Mann streichte mir die längste Zeit angenehm mit einem Massagestreicheldings über den Rücken, was mir sogleich fehlte, als er mal kurz den Raum verliess.

Es kam der Moment, wo ich dachte: „Jetzt reicht’s mir aber, ich will das nicht mehr, nie mehr, das ist zu stark!!“ Bei meiner ersten Geburt hatte ich zu diesem Zeitpunkt die Befürchtung, es könnte so noch Stunden weitergehen, was ich unzumutbar gefunden hätte. Diesmal wusste ich aber, dass es wohl noch um Minuten gehen würde. Dieses Wissen war ermutigend. Ausserdem kamen mir wie in einem Traum hilfreiche Gedanken auf. Ich dachte: „es ist gut so, es ist das beste für das Kind, ich will das so.“ und die Erinnerung an einen Text über die orgastische Geburt, der mir zufällig ein oder zwei Tage zuvor in die Finger fiel: ich versuchte mir vorzustellen, dass diese Empfindungen als Orgasmus erlebt werden könnten, was mir ansatzweise beim Abklingen der Wehe gelang, als es noch nach-pulsierte. Irgendwann kam auch die Hebamme Christine dazu, die Aline in ihrem freien Wochenende vertreten würde. (Aline hätte eigentlich schon frei gehabt, hatte sich aber entschlossen, noch bis samstag mittag Dienst zu machen.)

Bald wurden die Kontraktionen anders. Sie waren nicht einfach heftiger, wie ich es beim ersten Kind empfunden hatte, sondern es schob jetzt heftig nach unten. Meine zweite eingeübte Atemtechnik, das „Herunteratmen“ ging von alleine, ich konnte gar nicht anders, als mit zu atmen. Dieses Herunterstossen empfand ich als sehr angenehm und erleichternd. Im unteren Becken fühlte es sich zudem die ganze Zeit an wie Watte. Vielleicht weil ich mir während meiner Vorbereitungsentspannungsübungen einen kuschelweichen rosaroten Rollkragenpullover-Kragen, durch den das Kind rutschen wird, visualisiert hatte? Pressen war nicht nötig, daran dachte ich auch gar nicht. Aber im Nachhinein war ich darüber froh, weil ich gelernt hatte, dass der Beckenboden sich beim Pressen verschliesst. Ich griff nach unten um zu tasten, ob da schon was war. Als erstes berührt ich aber die Hand der Hebamme, die von mir ganz unbemerkt schon das Köpfchen am tasten war. Sie nahm ihre Hand sogleich weg und ich fühlte zum ersten Mal die feinen Häärchen auf dem herausragenden Teil des Köpfchens! Es kamen noch höchstens zwei solche herunterstossende Kontraktionen bis das ganze Köpfchen und sogleich das ganze Kind geraus in das Pool-Wasser glitt. Ich hielt es selbst und nahm es langsam und ganz alleine aus dem Wasser an meine Brust. Das war der wundervollste Moment, den ich wohl nie mehr vergessen werde! Drei uhr dreissig ist es genau, hörte ich Aline sagen.

Mit dem Baby im Arm setzte ich mich an den Rand des Bassins. Nicola blickte gleich neugierig in Papis und Alines Gesicht. Mein Mann fragte besorgt, ob er denn nun nicht schreien sollte. So im Wasser sitzend genossen wir noch eine ganze lange Weile das gemeinsame erste Bad! Schon trank das kleine Geschöpf in grossen lauten Schlucken an meiner Brust; ich staunte, woher denn soviel Milch kam. Als die Nabelschnur nicht mehr pulsierte, schnitt sie mein Mann durch. Die Plazenta kam raus. Immer noch sassen wir im warmen Wasser, genossen diesen unglaublichen Moment bei Kerzenschein und sanfter Musik! Als wir dann nach gut einer halben Stunde schliesslich doch im Bett waren, Nicola auf meinem Bauch und schon wieder am trinken, untersuchte mich Aline kurz auf Verletzungen, zum Glück gab es aber keine. Christine verabschiedete sich. Sie würde am Sonntag den Wochenbett-Besuch machen. Bevor Aline um sechs Uhr nach Hause ging, wogen und massen wir den kleinen, der sich allerdings als gar nicht mal so klein herausstellte.

Nach diesem schönen, eindrücklichen Erlebnis würde ich mich nie mehr freiwillig für eine Geburt sonstwo als zu Hause entscheiden. Alles verlief genau nach meinen Wünschen. Es gab keine störenden Unnötigkeiten wie zum Beispiel eine Nadel in der Vene der Hand oder eines CTG-Bauchgurtes oder was es in Spitälern sonst noch für Aparate und Werkzeuge gibt. A.F.
Hausgeburt aus der Sicht des Mannes

Den Pool gibt’s für ca. 90.- im Internet (Abb. 1), die Absaugpumpe für 39.- im OBI (Abb. 2). Dort sind auch die Schlauchkupplungen für an den Wasserhahnen vorhanden.

Der grosse Schrecken für den Mann ist die Mitteilung der Frau, dass sie zuhause gebären will. Trotz langer Gespräche konnte ich keinen Millimeter Kompromiss erringen. Den Pool habe wir vor der Geburt aufgestellt und einmal ein- und auslaufen lassen. Frau und Kind haben das Baden in der Wohnung genossen.

Die Geburt an sich war dann „Routine“. Nach dem Blasensprung habe ich den Pool einlaufen lassen, Kerzen und Duftlampen angezündet und die Musik angestellt. Die Hebammen kamen und das Kind war nach 1.5 Stunden problemlos da (Abb. 3). Es blieb dann noch 20 min im Pool und hat ganz entspannt schon mal an der Brust gesaugt. Alles war extrem ruhig, sanft und entspannt. Ganz anders als im Spital.

Liebe Aline – herzlichen Dank! Fürs nächste Kind kommen wir wieder zu Dir…
Bereits am Anfang der Schwangerschaft war es uns meinem Mann und mir wichtig, einen Rahmen für die Geburt zu haben, in dem eine intime und behagliche Atmosphäre herrscht und gleichzeitig fachmännische Kompetenz vorhanden ist. Dies haben wir in der Geburtsstätte Muttenz bei unserer Hebamme gefunden. In der Begleitung während der Schwangerschaft ist eine persönliche Beziehung zwischen uns und ihr entstanden, in der Vertrauen und Intimität wachsen konnten. Auch mit der Geburtstätte selber konnten wir uns bereits vor der Geburt vertraut machen. Die Geburt haben wir als ein Zusammenspiel zwischen mir, meinem Mann und der Hebamme erlebt, in dem jeder seine Rolle kannte und mit den anderen in Harmonie war. Die Begleitung während des Wochenbettes zu Hause war kompetent und hat uns eine grosse Sicherheit gegeben.

Wir beide sind Studenten aus Israel und finden es schön, dass unser erstes Kind in diesem Rahmen zur Welt kam. Insbesondere auch, weil wir uns trotz unterschiedlicher Mentalität und unterschiedlichen Gewohnheiten, verstanden und akzeptiert fühlten.

Wir möchten die Geburtsstätte in Muttenz aufs Herzlichste empfehlen.
Mein wohl häufigster Satz während der Schwangerschaft war: "Ich bin nicht krank, ich bin schwanger." In meinem Innern meldete sich aber auch eine Stimme, die sagte: Du warst noch nie schwanger, du weißt doch gar nicht genau, wie du dich verhalten musst und gleich darauf erwiderte eine andere Stimme: Wir Frauen haben schon immer Kinder geboren, wir wissen von Natur aus, wie das geht.

Ich erlebte es als wohltuend, dass ich mit diesen zwiespältigen Gefühlen auf die Unterstützung der Geburtsstätte zählen durfte. Nicht Wissen aus Büchern zählte, nicht Laborwerte, sondern mein Kind, mein Partner und ich standen während den Untersuchungen im Mittelpunkt. Da es immer dieselbe Hebamme war, war Kontinuität gewährleistet. Mit grossem zeitlichen Einsatz und viel Feingefühl half mir meine“ Hebamme bei Unsicherheiten. Tauchte im Alltag eine Frage auf, schrieb ich sie auf und wusste mit Garantie, dass wir bei der nächsten Untersuchung genug Zeit haben werden, auf diese Frage einzugehen.

In einer Novembernacht war es dann endlich soweit, das Kind in mir meldete sich und wir trafen uns in Muttenz. Intensiv und gleichzeitig unauffällig kümmerte sich die Hebamme um meinen Partner und mich. Ich konnte mich neugierig auf die Geburt einlassen und selber ausprobieren, was für mich am Besten war. Ich wusste, wenn ich Probleme haben würde oder mich die Kraft verlassen würde, würde die Hebamme da sein und mir weiter helfen. Es war schön zu erleben, dass mein Körper tatsächlich wusste, was er zu tun hatte. Ein intensives Erlebnis, an welches ich mich gerne erinnere.

Kurze Zeit nach der Geburt von Tim verschwanden die Hebammen diskret ins Nebenzimmer und liessen uns alleine.

Bald schon hielt uns nichts mehr in Muttenz und wir wollten heim. Wir wussten zwar noch nicht genau, wie wir mit einem Neugeboren umgehen mussten, waren nach den bisherigen Erfahrungen mit der Hebamme aber voller Vertrauen, dass sie uns bei ihren Wochenbettbesuchen schon helfen würde, unseren Weg zu finden.

Ich freue mich darauf, mein nächstes Kind in der Geburtsstätte zu gebären.
Als feststand, dass wir ein zweites Kind bekommen werden, war für meinen Mann und mich bald klar, dass wir es gerne in der Geburtsstätte willkommen heissen würden. Schon unsere erste Tochter kam dort zur Welt, was wir als sehr positives Erlebnis in Erinnerung haben. Die Schwangerschaft verlief zum Glück ohne Probleme, so dass einer Geburt in Muttenz nichts mehr im Wege stand.

An einem Samstag Nachmittag setzten dann die Wehen ein, so dass wir uns mit Brigitte, unserer Hebamme, in Verbindung setzten und uns schliesslich am Abend in der Geburtsstätte trafen.

Brigitte schlug mir schon bald vor, in die Geburtswanne zu steigen. Da ich überhaupt keine Wasserratte bin, dachte ich, dass ich vermutlich nach einer Weile das Wasser wieder verlassen würde, aber die Wärme und das Gefühl der Leichtigkeit entspannte meinen Körper mehr und mehr, so dass ich gar nicht mehr aus dem Wasser wollte.

Laut Brigitte hatte ich auch die ganze Zeit "sehr schöne Wehen" und so kam noch in der Nacht vom Samstag unser zweites Mädchen durchs Wasser zur Welt.

Sehr schön war für uns, dass wir ein paar Stunden nach der Geburt schon wieder nach Hause gehen konnten. So lernte unsere grössere Tochter ihr Geschwisterchen schon ganz von Anfang an kennen, wir konnten uns in unserem gewohnten Umfeld bewegen und auch die Besucherströme blieben aus.

Nun entdecken wir den (oft auch anstrengenden) Alltag zu viert und freuen uns über die grossen und kleinen Wunder, die Kinder mit sich bringen...
Sibylle, die Hebamme bei der Geburt von Jonas, war eine der Mitbegründerinnen der Geburtsstätte Muttenz. Sie hat sie im Juli 1999 verlassen, um als Cranio-Sacral-Therapeutin mit Schwangeren, Wöchnerinnen und Neugeborenen zu arbeiten.

Ich weiss es noch genau: Es war auf einer Wanderung in Australien, als Rita mir erklären wollte, wieso für sie nur eine Hausgeburt in Frage komme. Oh no! Stress! Alle erdenklichen Sicherheitsargumente versuchte ich aufzuzählen, realisierte aber, dass ich gar nicht viel weiss.

Zuhause informierten wir uns genauer und bei einem Besuch in der Ita Wegman Klinik realisierte ich rasch, was selbst dort Spitalatmosphäre heisst. Auf Empfehlung vereinbarten wir mit Sibylle, eine der Hebammen der Geburtsstätte in Muttenz, einen Termin. Das war für uns ein grosser Glücksfall- schon im ersten Gespräch entwickelte sich ein Vertrauen, und wir fragten sie spontan an, ob sie die Geburt leiten möchte.

Die Schwangerschaft verlief problemlos, und ich, Rita, fühlte mich bis zur Geburt ausgesprochen wohl. Ungefähr ab der Hälfte der Schwangerschaft gingen wir regelmässig zu Sibylle nach Muttenz in die Kontrolle. Ich freute mich immer darauf, denn Sibylle nahm sich jedes Mal viel Zeit, so dass genügend Raum war, auch über Ängste und Vorfreuden, oder einfach über etwas persönliches zu sprechen. So entstand immer mehr Nähe und Vertrauen. Rückblickend war dies für mich einer der entscheidenden Gründe, warum die Geburt von Jonas so harmonisch verlief.

Am Freitag Nachmittag, zwei Wochen vor dem Termin und noch mit keinem Gedanken an die Geburt, fuhr ich mit dem Velo in die Fussreflexzonentherapie und zum Einkaufen. Das zeitweise leichte Ziehen im Bauch beachtete ich nicht weiter. Wieder daheim wurde ich plötzlich doch aufgeregt...das kann doch nicht sein...geht es wirklich los? Werden wir in ein paar Stunden wirklich zu Dritt sein? Als nach einem Bad die Wehen wirklich in kürzeren Abständen auftreten, rufe ich Sibylle an., immer noch etwas ungläubig, aber langsam realisierend, dass die Geburt begonnen hat. Um 18.00 Uhr treffen Sibylle und Stefan fast gemeinsam ein. Ich hatte schon alle 5 Minuten Wehen, konnte mich aber noch gut unterhalten. Deshalb geht Sibylle nochmals heim, sie wohnt nur zwei Minuten von uns entfernt. Wir sind voller Vorfreude und Aufregung! Wie schön ist es zu wissen, jetzt hier bleiben zu können, in unserer Wohnung, nur mit Stefan und später Sibylle zusammen.

Die Wehen werden so intensiv, dass wir uns ins Schlafzimmer zurückziehen. Wir hören Digeridoo-Musik und sprechen über das noch immer Unvorstellbare. Geborgenheit zu Dritt! Um 21.00 Uhr kommen die Wehen alle 2 bis 3 Minuten. Sibylle kommt und stellt zu unserer Freude und Überraschung fest, dass der Muttermund schon fast offen ist. Sibylle begleitet und unterstützt mich umsichtig während der Geburt. Ich fühle mich sehr sicher und trotzdem nie von ihr fremdbestimmt. Auch Stefan gibt mir viel Kraft und Energie.

Nach einer letzten, ewig erscheinenden Presswehe kommt Jonas um 22.46 Uhr zur Welt! Noch auf dem Maya-Hocker sitzend können wir ihn in die Arme nehmen. Unbeschreiblich unsere Gefühle: Tränen und Lachen, unfassbare Freude und Begeisterung, Bewunderung und Staunen, so glücklich und so dankbar zu Gott. Jonas ist unglaublich wach und präsent und mustert uns genau. Erst eine Stunde alt lernt er schon seine Grosseltern kennen. Wir feiern gemeinsam in aller Ruhe. Was heute schon alltäglich erscheint, war damals schlicht unvorstellbar: Mit Jonas in der Mitte schlafen wir gegen Morgen im Bett ein. Die letzte Hausgeburt, die in diesem Haus vor 79 Jahren erfolgte, war die Geburt von Jonas Urgrossvater. Opa freut sich riesig!

Eine Woche lang besucht uns Sibylle jeden Tag. Sie lernt uns viel und dank meiner Ferienwoche fühle ich mich von Anfang an gleichberechtigt mit Rita. Nach dieser gemeinsamen, intensiven und freundschaftlichen Zeit fiel uns der Abschied von Sibylle nicht leicht. Erst kürzlich jedoch feierten sie mit uns den 1. Geburtstag von Jonas!

Zwei unserer drei Kinder sind zuhause zur Welt gekommen. Die Schwangerschaft - Zeit der Erwartung - ist für mich wie der Beginn eines Weges in eine ferne Zukunft. Dabei gehe ich einerseits alleine, anderseits werde ich begleitet von Menschen, die den Weg ein Stück mit mir teilen. So ist neben dem Partner und dem Arzt eine wichtige Begleiterin die Hebamme, "meine Hebamme". Mit ihr entstehen Gespräche, sie verfolgt das Gedeihen des werdenden Kindes und es entsteht durch diesen gemeinsamen Prozess ein Vertrauensverhältnis, das den Boden bildet, die Atmosphäre, für das Ereignis der Geburt. Die Geburt ist gleichsam der Höhepunkt des Weges, ein erstes Wegziel.

Für mich war es ganz wichtig zu wissen, meine Hebamme kennt mich, mein Umfeld, meine Auseinandersetzungen, meine Ängste und Bedenken. Ich spüre ihre Präsenz, wenn ich ganz beschäftigt bin mit der Geburtsarbeit, die Wehen mir den Sinn für Zeit und den Raum rauben. Sie ist da, hat Erfahrung, das Wissen um die Geburtsvorgänge, ist wach für das, was gerade geschieht und ich kann loslassen, mich dem Schmerz hingeben, kämpfen, in die Bewegung von Spannung und Entspannung eintauchen und weiss, ich bin geborgen und aufgehoben von Menschen, denen ich vertrauen kann. Das Geschehen findet in meiner gewohnten Umgebung statt. Alles ist vorbereitet, gleich einem Empfang. Ich kann mich so bewegen wie es mir beliebt, wie es zu mir gehört. Ich kenne die Raumdimensionen, sie sind meine zweite Haut, in der ich mich aufgehoben fühle.

Nach der erschöpfenden Arbeit ein gemütliches Beisammensein. So wird das neugeborene Kind in einem Kreis des Vertrauens empfangen und willkommen geheissen. Neues Leben inmitten des Lebens in den Zusammenhängen des Alltags.

Gleich einem Strom geht nun der Weg des Neugeborenen weiter. Ein neues sich Kennenlernen beginnt. Wie wohltuend ist es, wenn unser Hebamme in der ersten Zeit mit Rat und Tat an der Seite ist, bis die Kräfte wieder da sind und man den Weg wieder alleine weitergehen mag.

Was bleibt ist die Erinnerung als wertvoller Schatz, der meinen Mann, meine Kinder und mich bewusst oder unbewusst wohl immer begleiten wird, und eine tief empfundene Dankbarkeit der Hebamme gegenüber, die ihre Kräfte und Verbindlichkeit schenkt, damit neues Leben in einer Atmosphäre von Würde und gegenseitiger Achtung beginnen kann.

Bei der Geburt unserer Kinder stand ich als Partner und Vater nicht im Zentrum des Geschehens. Ich wirkte mehr von aussen her das Umfeld gestaltend, vergleichbar mit einem Wächter, der mit dem Bewusstsein des Herzens und des Kopfes das Ereignis begleitet.

Rund um die Geburt gibt es ja unzählige Argumente für und wider die verschiedenen Möglichkeiten. Ich erlebte als wichtig, einen Freiraum zu schaffen, wo meine Frau verantwortlich die Bedingungen ihrer Geburt bestimmen konnte. Und zwar nicht nur aufgrund von sachlichen Kriterien, sondern aufgrund des inneren Gefühls. Wir bemerkten, dass in der Stunde der Geburt bei der Mutter vor allem das "zuhause sein" zählt, sowohl räumlich als auch in Bezug auf Menschen um sie herum.

Während der Geburt erlebte ich eine grosse Lebensnähe und Unmittelbarkeit. Es war hilfreich, nicht noch mit der Unsicherheit einer fremden Umgebung belastet zu sein, sondern sich in der gewohnten Umgebung zu bewegen. So konnte ich mich auf die Hilfestellungen rund um die Geburt konzentrieren. Für mich ist bei der Geburtsbegleitung und bei allenfalls auftretenden Schwierigkeiten entscheidend, wie wach die Helfer um die Mutter herum sind.

Der grössere Anteil meiner Mithilfe war in der Zeit nach der Geburt, als es darum ging, für die Wochenbettberteuung zu sorgen. Dies nicht nur einige Tage, sondern den Verhältnissen entsprechend mehrere Wochen.

Ich bin dankbar, dass wir eine Hebamme und einen Arzt gefunden haben, die uns in dieser Art unterstützt haben. So konnten wir die Geburten in ihrer Einmaligkeit erleben.